Die Groß-Gerauer Baugenossenschaft Ried hat einen Strategiewechsel eingeleitet und den Vorstand neu besetzt
KREIS GROSS-GERAU. Die Baugenossenschaft (BG) Ried hat ein forderndes Jahr hinter sich. Da der langjährige Vorstandsvorsitzende Jürgen Unger im
Dezember in den Ruhestand gegangen ist, musste sich der Aufsichtsrat um die Neubesetzung dieser Position kümmern. „Es ist etwas Maßgebliches für unser Haus, die richtigen Menschen zu finden“, sagt der Aufsichtsratsvorsitzende Kai Kienzl im Gespräch mit der Redaktion. Zugleich zeigt er sich zuversichtlich, dass dies geglückt ist. Den Vorstandsvorsitz hat der frühere Nauheimer Bürgermeister Jan Fischer (47) übernommen, der für seine neue Aufgabe eigens ein Zusatzstudium absolviert hat. Ihm zur Seite steht seit Februar der 1980 geborene Christian Müller als Technischer Vorstand. Mit Müller war sich die BG Ried schon im Sommer einig, doch war der Bauingenieur beruflich noch länger gebunden. „Wir haben einen gut besetzten Vorstand“, ist Kienzl überzeugt.
120 Wohnungen sind hinzugekommen
Das vergangene Jahr hat die BG Ried mit einem Überschuss von 3,6 Millionen Euro abgeschlossen, im Vergleich zu 2023 kamen 120 Neubauwohnungen hinzu. Der Bestand zum Jahresende 2024 betrug 2649 Wohneinheiten. „Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir das Engagement so hochhalten konnten“, findet Jan Fischer. Über mehrere Jahre hinweg sind bei „Wohnen am Rhein“ in Biebesheim in drei Gebäuden für 27,9 Millionen Euro 122 neue Wohnungen im EH55Standard samt neun Ladeplätzen für E-Mobilität entstanden. In Gernsheim sind in der Diemelstraße in vier Häusern 38 neue Wohnungen im Passivhausstandard entstanden, darunter zwölf öffentlich geförderte. Die Investitionssumme lag
bei 14,1 Millionen Euro, fast aus dem Stand heraus gelang eine Vollvermietung. Die Mieten in Gernsheim liegen bei 9,20 Euro pro Quadratmeter (gefördert) und 12,50 Euro (frei finanziert). Dort haben die Stellplätze Anschlüsse für E-Mobilität. Zu den Projekten, die im laufenden Jahr fertig geworden sind, zählen die beiden Häuser im Rosenhof in Riedstadt-Goddelau mit 40 Wohnungen (davon 16 gefördert), die zum 1. Juni übergeben wurden und bereits fast alle vermietet sind. Die beiden L-förmigen Gebäudekörper sind über eine Tiefgarage verbunden, insgesamt hat die BG Ried knapp 13,1 Millionen Euro investiert. Auch dieses Vorhaben wurde im EH55-Standard ausgeführt. „Damit kommen wir ganz gut hin“, sagt Fischer.
Zu hohe Energiestandards trieben die Baukosten und damit auch die Mieten in die Höhe. Im Rosenhof bewegen sie sich zwischen 9,20 Euro
(gefördert) und zwölf Euro. Angesichts der gestiegenen Baukosten und deutlich höherer Zinsen hatte die BG Ried noch unter Unger einen Strategiewechsel eingeleitet, der vom neuen Vorstand fortgesetzt wird. Statt auf Neubauten setzt die 1948 gegründete Genossenschaft nun stärker auf die Sanierung ihrer Bestandsgebäude. Das sei auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten in vielen Fällen sinnvoll, betont Fischer. In die Instandhaltung des Bestands hat die BG Ried 2024 rund 4,3 Millionen Euro gesteckt. Hinzu kamen etwas mehr als 600.000 Euro für Modernisierungen in der Hügelstraße in Goddelau und in der Wilhelm-Hammann-Straße in Worfelden.
Moderne Heizung eingebaut
In der Hügelstraße habe man ein 60er-Jahre-Gebäude, in dem es noch Einzelfeuerstätten (Öfen in jeder Form) gab, in bewohntem Zustand saniert, Leitungen von außen gelegt und die Wohnungen mit einer Zentralheizung mit Luft-WasserWärmepumpe versehen, auf dem Dach befinde sich nun
eine Fotovoltaikanlage. „Das ist ein Leuchtturmprojekt“, schwärmt Fischer, der es auch mit Blick auf die Vertreterversammlung am 25. Juni als gutes
Zeichen bezeichnet, wie flexibel man im Sinne der Mieter agiere. Zu den Vorhaben, die in diesem Jahr angegangen würden, zählt eine komplexe Sanierungsmaßnahme mit 20 Wohnungen in der Bischofsheimer Ulmenstraße, für die rund drei Millionen Euro veranschlagt sind. Alles in allem sollen in Sanierung und Instandhaltung rund sechs Millionen Euro fließen. Der Strategiewechsel bedeutet aber nicht, komplett auf Neubauten zu verzichten.
„Wir wollen Wachstum, aber nicht um jeden Preis“, sagt Fischer. Die ungebrochene Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum zeige jedochdass der Bedarf nach wie vor hoch sei. Auf einem Bestandsgrundstück in der Goethestraße am Goddelauer Bahnhof wolle die BG Ried in Zusammenarbeit
mit der Firma Goldbeck erstmals Erfahrungen beim Thema serielles Bauen sammeln. Geplant seien 20 Wohneinheiten. Das Projekt liege innerhalb
des Großen Frankfurter Bogens, der über eine Bahnfahrzeit von maximal 30 Minuten zum Frankfurter Hauptbahnhof definiert wird, und biete eine interessante Förderkulisse. So gebe es Null-Prozent-Finanzierungen, Zuschüsse vom Land und 10.000 Euro je Wohneinheit. Serielles Bauen werde für die Zukunft interessant, um Kosten zu senken, erklärt Fischer. In der Goethestraße sollten einschließlich Grundstück 4,6 Millionen Euro investiert werden.
Darüber hinaus befinde sich die BG Ried mit der Stadt Riedstadt in Gesprächen für ein Projekt „Am Tannenberg“, auch mit der Stadt Groß-Gerau stehe man im Austausch über Entwicklungsperspektiven. „Wir verstehen uns als Partner der Kommunen“, unterstreicht Fischer. Mit Interesse verfolge die
Genossenschaft zudem, was im Bund diskutiert wird – Stichwort Gebäudestandards und Bauturbo. Die (Stand 31. Dezember 2024) 3268 Genossenschaftsmitglieder dürfen sich zudem auf eine attraktive Rendite für ihre Anteile freuen: Neben einer Verzinsung von zwei Prozent soll der Vertreterversammlung auch eine zweiprozentige Dividende vorgeschlagen werden.
Bericht aus dem Groß-Gerauer Echo vom 28.06.2024 von Jörg Monzheimer